Nicht mein komplettes Wissen stammt aus Büchern und Filmen. Zumindest nicht direkt – denn häufig reichte mir persönlich auch schon die Zusammenfassung von Anderen, um den Kern der Aussage eines Buches begreifen zu können.
Beispielsweise erzählte mir mein Vater gerne Geschichten aus seinen Sachbüchern – ironischerweise schenkte er mir zu gegebenen Anlässen meistens die Bücher, zu denen ich von ihm die Zusammenfassung bereits erhalten hatte. Naja, ich habe in unserer modernen Geschenkkultur auch schon des Öfteren mal sinnlose Geschenke gemacht. Und so sinnlos war es ja am Ende dann vielleicht auch garnicht – war doch die Zusammenfassung und das geteilte Wissen das wahre Geschenk.
Ein nennenswertes Beispiel dafür war das Buch „Persönlichkeitstypen – Spezialisten für Lebenskompetenzen“ von Dietmar Friedmann. Letztendlich teilt dieser Zweig der Forschung die Menschen in drei definierte Grundtypen ein, welche sich in weitere Untertypen aufgliedern lassen:
- Der Handlungstyp ist ein Macher und pack die Dinge an, während er sich mit dem Zwischenmenschlichen weniger leicht tut.
- Der Sachtyp ist in der Lage zu außergewöhnlichen Denkprozessen doch fällt es ihm eher schwer, praktische Handlungen in die Tat umzusetzen.
- Der Beziehungstyp glänzt mit seiner emotionalen Intelligenz und findet seine Schwäche eher im Denken unter Zuhilfenahme seines Verstandes.
Ich stieß zufälliger Weise zu einer ähnlichen Zeit noch zwei weitere Male auf das Thema. Beispielsweise musste ich bei dem Versuch, meinen Jagdschein wieder zu erlangen, einen Test ausfüllen, den man beim TÜV auch beim Entzug des Führerscheins vorgelegt bekommt. Das Ergebnis gefiel mir recht wenig – angeblich gehörte ich zu den ca. 2% der Menschen, die laut Ergebnissen und Statistik ihren Test unwahrheitsgemäß und absichtlich geschönt ausgefüllt hätten.
Gerne hätte ich die Ergebnisse mit der Dame, die mir die Ergebnisse vorlas, weiter im Detail diskutiert – so war ich doch davon überzeugt, ehrliche Antworten gegeben zu haben. Doch dafür war selbstverständlich keine Zeit. Und auf die Erklärung hin, dass es vom Test in der Regel negativ bewertet werden kann, wenn man zu oft extreme Antworten gab, fiel mir eigentlich nur ein, dass ich mich deutlich häufiger im mittleren Bereich befand. Und weil die Fragen meiner Meinung nach sehr viel Interpretationsspielraum ließen und ich zu den meisten Themen auch Bilder von Menschen im Kopf hatte, die in dieser speziellen Kategorie viel extremer waren als ich, ordnete ich mich selbst natürlich immer eher gemäßigt positiv ein – weil das meinem persönlich angestrebten und differenziert denkenden Ideal entsprach, und ich mich selbst im Vergleich zu anderen auch so wahrnahm.
Dass ich mich dann doch nicht immer selbst richtig einschätzte lernte ich erst, als ich über meinen Arbeitgeber ein Coaching absolvierte, bei dem es ebenfalls um Persönlichkeitstypen ging. Laut Business Chemistry Test war ich zu 48% Driver, zu 39% Guardian, zu 11% Pioneer, und nur zu 2% Integrator. Noch vor ein bis zwei Jahren hätte ich mich in meinem alten Job als deutlich stärkeren Integrator bezeichnet. Ob das Ergebnis nun deswegen nicht ganz zutreffend war, weil ich mich bereits verändert hatte oder ich die Fragen im Arbeitskontext betrachtete (in dem ich eigentlich nur noch emotionslos mein Gehalt verdienen wollte ohne mein Leben wieder zu sehr eins mit dem Job werden zu lassen) – oder ob ich später deshalb eine Diskrepanz bemerkte, weil ich mir durch das Ergebnis meines Verhaltens etwas bewusster wurde und ein paar Dinge im Alltag auf ganz natürliche Weise änderte, kann man rückblickend nicht so genau sagen.
Und ob es nun drei, vier oder mehr Grundtypen gibt, so liegt die Wahrheit mit Sicherheit sowieso irgendwo dazwischen. Vielmehr besitzt meiner Erfahrung nach jeder Mensch unterschiedliche Persönlichkeitseigenschaften und das Potential für alle Ausprägungen. Die in Muster einsortierende Betrachtungsweise von menschlichem Verhalten dient doch in erster Linie als Anlass, sich mal eingehender mit sich selbst zu beschäftigen.
Ich für meinen Teil habe dabei durchaus gelernt, dass die Art und Weise wie ich mich bis dahin selbst betrachtete, nicht automatisch einer objektiven Wirklichkeit entsprach. Und doch sollte man sich nicht per se nur mit seinem gegenwärtigen Verhalten identifizieren – denn so wie wir uns selbst sehen (wollen), so streben wir auch an uns zu verwirklichen.

