Der Teufel und die Lüge. Viele Sagen ranken sich um das Entweder-oder in einer der wichtigsten Fragen rund um die Glaubwürdigkeit des größten Widersachers von Gerechtigkeit und dem als wahres Böses herrschenden König über die Hölle.
Ich persönlich habe in meinem Leben sicherlich schon mehr als ein Dutzend mal gelogen. Doch ehrlich gesagt bin ich ein schlechter Lügner – schließlich habe ich relativ schnell begriffen, dass Lügen kurze Beine haben und es viel zu aufwändig ist, sich um die Konsistenz falscher Geschichten zu kümmern, die man unterschiedlichen Menschen erzählt.
Vielmehr habe ich mich daran gewöhnt, dass ein bisschen Scham ab und zu schnell auch wieder verfliegt, wenn man zur Wahrheit steht. Das Leben geht schließlich weiter, und bis auf das bisschen Neugier für Klatsch und Tratsch interessieren sich die Menschen in der Regel sowieso mehr für ihr eigenes Leben und freuen sich insgeheim eher über die Fehltritte von anderen.
Doch so schwer ich mir damit tue, andere in unnötigen Situationen eine Lüge aufzutischen und aus mir doch immer wieder die Wahrheit heraussprudelt – so gut bin ich manchmal darin, über die reine Höflichkeit hinaus eine Notlüge anzuwenden, wenn ich das Gefühl habe, mich selbst schützen zu müssen. Normalerweise weiß ich dann aber auch schon vorher, dass es wenig Möglichkeiten gibt, dass die Person diese spezielle Wahrheit von anderer Quelle her erfahren könnte. Und letztendlich ist mein Grund für die Lüge in der Regel auch der, dass sich andere Personen immer wieder in Entscheidungen und Bereiche meines Lebens einzumischen versuchen, die sie nichts angehen – und ich gelernt habe, dass es manchmal einfacher ist, anderen ihre eigene Meinung zu überlassen und die Wahrheit mit sich selbst auszumachen.
Dazu, ob es ein Geheimnis gibt, das wirklich nur ich kenne, fällt mir ehrlich gesagt nichts ein – auch wenn ich andere Leute angelogen habe, gab es doch immer mindestens einen Mitwisser, dem ich mich anvertrauen konnte. So kann es eigentlich nur vorkommen, dass ich ab und zu mal bewusst eine unschuldige Information oder Bedingung weglasse, mich selbst belüge und deshalb nichts von meiner Lüge weiß, oder mir meine Mitmenschen einfach nicht glauben wollen.
Eine Situation in der ich besser die Klappe hätte halten sollen gibt es allerdings wirklich. Als ich Anfang Oktober 2021 völlig high von der Polizei aufgegabelt wurde, hat man mich erstmal einem Verhör unterzogen, bevor ich in die Psychiatrie gebracht wurde.
Es war wohl offensichtlich, dass ich nicht ganz zurechnungsfähig war und deutlich mehr redete als jemand, der die Kontrolle über seine eigenen Aussagen hat – und auf die Frage hin, warum ich diesen Mann geschlagen hatte, wusste ich keine Antwort – ich war selbst noch völlig durch den Wind und verstand nicht was da eigentlich genau mit mir passiert war. Dass die Polizei mir dann aber die Frage danach stellte, was denn der Grund „gewesen sein könnte“ war ehrlich gesagt eine katastrophale Fehlleistung im Prozess.
Nun mein innerer Gedankengang verlief ungefähr so… „Was hätte es denn gewesen sein können? Ich habe völlig in Rage und unkontrolliert auf diesen Mann eingeschlagen – wenn der Passant nicht dazugekommen wäre, hätte Gott weiß was passieren können. Was hätte denn passieren können? Ich hätte wahrscheinlich von selbst nicht aufgehört bis… Naja so wie ich zugeschlagen hab, hätte ich ihn durchaus umbringen können. Also hätte ich vielleicht erst aufgehört, wenn ich ihn umgebracht hätte…“
Als mich später basierend auf diesem Verhör und den Vermutungen des Passanten und Opfers der Vorwurf in Form eines offiziellen Schreibens erreichte, dass ich den Mann hatte ausrauben und umbringen „wollen“, traf mich das hart… Ich hatte durch das Cannabis und enormen psychischen Stress in einer Situation ohne sichtbaren Auslöser die bewusste Kontrolle über meine innere Wut verloren und war in blinde rasende Aggression geraten – doch haften mir die reinen Vermutungen sowie die Vorwürfe dank der „unschuldigen“ Frage des Polizisten nach dem „was hätte könnte sollte“ als Basis für den Vorwurf zu einem bewussten Vorhaben bis heute in den Akten an.
